RLS – eine nicht heilbare Erkrankung

Von Dr. Beate Riegler

Das Restless Legs Syndrom ist eine nicht heilbare chronische Erkrankung und ist die 2. häufigste neurologische Erkrankung (ca. 3-10%) in der weissen Bevölkerung. Alleine in Europa sind rund 24  Millionen Menschen davon betroffen, die medikamentös behandelt werden müssen. Unterschieden wird eine primäre und eine sekundäre Form des Restless Legs Syndrom. Bei der Primären (idiopathischen Form) scheint eine genetische Prädisposition mit familiärem Vererbungsmuster vorzuliegen [13]. Häufig beginnt sie im dritten oder fünften Lebensjahrzehnt [14]. und verschlechtert sich mit fortschreitendem Alter. Bei Vererbung kann die Krankheit in späteren Generationen  früher  und zu stärkeren Beschwerden führen (Antizipation).

Bei der sekundären Form stehen Grunderkrankungen wie z.B:  Eisenmangelanämie [10], perniziöse AnämieUrämieNiereninsuffizienz mit Dialyse [11], ArthritisMorbus Parkinson, Schwangerschaft, Medikamente als Auslöser im Vordergrund. Ein RLS kann bei Kindern und Jugendlichen auftreten (Picchietti et al. 2007), wobei die RLS-Symptomatik in dieser Altersgruppe auch als „Hyperaktivitätssyndrom“ oder „Wachstumsschmerzen“ verkannt werden kann.

Symptome können Suizidgedanken auslösen

Das RLS verursacht in den Beinen (und Armen und/oder Händen) ein Ziehen, Spannen, Kribbeln, Schmerzen, Zucken, Hitzegefühl oder andere unangenehme Gefühle. Diese führen zu einem Bewegungsdrang auch während der Nacht. Teilweise massive Schlafstörungen sind die Folge. Auch mit anspannen oder dehnen der Muskeln versuchen Betroffene die Symptome zu mildern. Die Beschwerden sind abends oder nachts (zwischen 22.00 und 04.00 Uhr – zirkadianer Rhythmus) schlimmer als während des Tages und führen zu erheblichen Schlafstörungen. Charakteristisch für das RLS ist Linderung der Beschwerden durch Muskeltätigkeit, d. h. das Bewegen der betroffenen Gliedmaßen durch Umhergehen, periodisches Anspannen usw. Die Symptome kehren jedoch nach einer nur kurzfristigen Besserung unmittelbar wieder zurück. Assoziert sein können periodische Zuckungen (Periodic Limbic Movement-PLM) der Beine/Hände die v.a. im Schlaf aber auch im Wachzustand auftreten. Dadurch kommt es zu erheblichen Schlafstörungen durch wiederholtes Aufwachen (arousals). Durch den Schlafmangel kommt es zu Leistungsabfall, soziale Isolation, Depressionen bis hin zu Suizidgedanken und Handlungen. Bei schmerzhaften Formen des RLS entwickelt sich ein chronisches Schmerzsyndrom.

Ursachen nicht geklärt

Die Ursache des RLS ist nicht geklärt, da kaum Grundlagenforschung betrieben wird. Die publizierten Studien zeigen unterschiedliche Ansätze. Eine zentrale Rolle scheint der Neurotransmitter Dopamin zu spielen, man geht hier von einer Transmitterstoffwechselstörung aus. In bildgebenden Untersuchungen fanden sich vereinzelt grenzwertig erniedrigte dopaminerge Rezeptoren, die auf eine Funktionsstörung im Dopaminsystem hinweisen, sich aber teilweise widersprechen (AMWF). Andere Faktoren wie der Eisenstoffwechsel im Gehirn, das eigene Opiodsystem scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen. Neurophysiologische Untersuchungen sprechen für eine. Sensibilisierung/Übererregbarkeit der Nervenbahnen. Die tatsächliche Ursache und Zusammenhänge sind aber nicht geklärt (AWMF).

Therapie völlig unzureichend

Zur Behandlung des RLS sind verschiedene Parkinsonmedikamente (darunter L-Dopa und Dopaminagonisten) zugelassen. Eingesetzt werden auch Antiepileptika und Opioide. Parkinsonmedikamente wirken nicht bei allen RLS Patienten oder nur moderat (Scholz et al. 2011a) und weisen ein hohes Risiko einer Augmentation auf, weitere Probleme sind die schnelle Toleranzentwicklung und Wirkverlust (innerhalb weniger Wochen bis Jahre). Auch unter Antiepileptika wie Gabapentin und Pregabalin besteht das Risiko einer Augmentation (statistisch geringer als bei Parkinsonmedikamenten) und Gewöhnungseffekte. Opiode weisen ebenfalls das Risiko einer Augmentation, Toleranzentwicklung und v.a. Abhängigkeit auf. Keines der angewendeten Medikamente wurde primär für RLS entwickelt und entspricht keiner zielgerichteten Therapie, dies kann erklären warum die Langzeitbehandlung mit den verfügbaren Medikamenten aus Patientensicht unzureichend ist. Für Kinder mit RLS gibt es keine Zulassung für die eingesetzten Parkinsonmedikamente. In Einzelfällen wird von Behandlungserfolgen mit Cannabisprodukten berichtet. Die Behandlung von schweren, idiopathischen RLS ist aufgrund der mangelnden Erkenntnisse über die Erkrankung und fehlenden zielgerichteten Medikamenten völlig unzureichend.